Liebe MitgärtnerInnen,
ich nutze die Zugfahrt von der Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau zurück zum Lenzwald, um die Hofpost zu schreiben. Sturmtief Eberhardt hat Bäume auf die Gleise stürzen lassen, da sind viele Regionen lahmgelegt oder verlangsamt. Ist das in den letzten Jahren mehr geworden? Hat das was mit dem Klimawandel zu tun? Ja, sagt eine Studie über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Deutsche Bahn.
Auf der Tagung habe ich Ergebnisse aus meiner Masterarbeit vorgestellt, in der ich die Arbeitsbedingungen und Einkommen in Solawis untersucht habe. Da gibt es noch viel Entwicklungsbedarf und aller Anfang ist schwierig. Die Tagung war recht hochkarätig was Wissenschaftler angeht, aber eben auch fast ausschließlich von Wissenschaftlern besucht, dadurch reaktionär, linear, träge und lässt nicht auf durchschlagende Impulse in Richtung Politik und Weltgeschehen hoffen. Für gesellschaftlichen Wandel braucht’s aus meiner Sicht alle Akteure an einem runden Tisch, kreative Prozesse, das Hirnschmalz und Herzblut unseres Menschseins und vor allem Frauen und die junge Generation! Und Bündelung der verstreuten Kräfte. Vielleicht entstehen ja bald endlich neue Formate?
Zwei spannende Impulse mag ich trotzdem mal beispielhaft von der Tagung berichten:
Johannes Storch vom Gemüsehof Dickendorf hat die neuesten Erkenntnisse seines regenerativen Gemüsebaus vorgestellt: Minimalbodenbearbeitung, selbst angebauter Transfermulch und Mulchpflanz-Technik mit beeindruckendem Bodenaufbau, Erträgen und Pflanzengesundheit!
Das Thünen-Institut hat einen umfassenden Report rausgebracht, der die Leistungen von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft für Umwelt und Gesellschaft vergleicht. Öko ist in vielen Bereichen eindeutig besser, das lässt sich jetzt sehr gut belegen! Im Bereich Tierwohl gibt es allerdings kaum Studien, und die die es gibt, attestieren dem Öko nicht unbedingt bessere Tierhaltung. Wer hätte das gedacht?
Die nächste Ernte
…gibt es am kommenden Mittwoch, den 13. März ab 13 Uhr zur Abholung am Lenzwald bzw. bei Conny im Laden.
Es gibt voraussichtlich u.a. Kartofflen, Karotten, Feldsalat, Asia-Salate und Postelein!
Das vergangene Solawi-Café und die Gründungsversammlung – ein Bericht und offene Fragen
Nach einer kleinen, aber feinen Hofführung gab es leckere Kürbissuppe zum aufwärmen und ratschen. Dabei haben gleich drei Menschen für jeweils einen Anteil zugesagt!
Nachmittags kamen um die 20 Erwachsenen und ein halbes Dutzend Kinder zusammen zum Solawi-Café und zur Vereinsgründung.
An der Schwelle
Nach einer Stärkung mit Kaffee und Kuchen haben Tassilo und ich ein paar Worte gesagt zu dem Punkt an dem wir unsere Solawi gerade sehen. Wir stehen an einer Schwelle, an einem Punkt von dem aus sich die Solawi auch sprunghaft entwickelt. Mehr Mitgärtner, mehr Fläche, Maschinen und mehr Effizienz. Aber auch soziales Wachstum, Gruppendynamik, Organisation-Entwicklung (Verein!), die Frage „Wie stellen wir uns auf?“. Dadurch verändern sich gerade die Rahmenbedingungen für unser Projekt. Vielleicht (über)fordert das manche? Doch die Vision ist die gleiche wie zu Beginn: Humusaufbau, Boden-Regeneration, gemeinschaftsgetragene und enkeltaugliche Landwirtschaft – und Tassilo und ich sind fest entschlossen, weiter zu machen!
Weiterzumachen auch in Richtung einer vielfältigen, regenerativen, solidarischen Landwirtschaft, die Boden gut macht und Menschen mit möglichst vielen Produkten versorgt. Tassilo und ich streben dafür einen kleinbäuerlichen Betrieb mit Vollversorgung an, mit 30 bis 100 Hektar, Viehhaltung (Nährstoffkreislauf!), Ackerbau, Gemüsebau, Baum- und Strauchkulturen, Verarbeitung, Forschung und Bildung und ca. 150 Anteilen. Schaut Euch dazu auch gern nochmal das Leitbild mit einem potentiellen Betriebsporträt an, das ich verfasst habe. Tassilo und ich teilen diese Vision und möchten sie gern mit Euch verwirklichen! Deshalb, klinkt Euch in dieses Bild ein und malt mit, sodass es zu einer GEMEINSAMEN Vision von uns allen wird!
Warum Wachsen? – Finanzplanung
Der Wachstumsschritt in 2019, den wir beim Café im November skizziert hatten, ist u.a. eine Erweiterung der Anteile auf 55. Wir sind auf diese Zahl gekommen, indem wir die voraussichtlichen Kosten kalkuliert und dann durch 135€ Monatsbeitrag geteilt haben (um bei diesem in etwa auf Vorjahres-Niveau zu bleiben). Die Kosten sind gestiegen und zwar vor allem aufgrund höherer Lohnkosten. Tassilo war bisher über Puls der Erde querfinanziert und hatte aus dem Solawi-Budget nur knapp mehr als einen 450€-Job. Bei mir sind es aktuell gut 1.000€ netto pro Monat. Für uns beide hat Priorität, dass wir diese wesentliche Arbeit an der Erde tun können, wir orientieren unseren Lohn daher am Bedarf, nicht an fachlichen Maßstäben. Für 2019 rechnen wir mit zwei 80%-Stellen mit je ca. 1.250€ Arbeitnehmer-Netto pro Monat. Das ist jetzt nicht die Welt. Aber es summiert sich auf rund 50.000€ Jahreskosten für den Verein als Arbeitgeber! Die entsprechenden Aufstellungen dazu haben wir beim Café gezeigt und Ihr findet sie im Anhang.
Weitere Kosten kommen auch hinzu aufgrund der Pacht an Puls der Erde, eigenen Verwaltungskosten, Rechtskosten, Buchhaltung sowie einem Aufschlag von 10% der Kosten als Puffer. Lohn- und Neugründungskosten sind der wesentliche Ausgangspunkt, warum Tassilo und ich eine Erweiterung dieses Jahr für notwendig halten.
Anbauplanung
Die Anbauplanung haben wir entsprechend für 55 Anteile gestaltet, wobei die Freilandfläche in etwa gleich bleibt je Anteil und die Gewächshausfläche ca. 1,3fache je Anteil beträgt – mit zwei zusätzlichen Gewächshäusern, die noch zu finanzieren und aufzustellen sind (mehr dazu siehe weiter unten). Wir haben auf der Basis der Umfrage die Fläche einzelner Kulturen angepasst, z.B. überproportional mehr Paprika, Auberginen, Brokkoli, Zwiebeln, Knoblauch.
Offene Fragen
- Wie gehen wir damit um, wenn sich abzeichnet, dass wir deutlich weniger als 55 MitgärtnerInnen finden?
Aktuell haben wir Zusagen für 29 Anteile. Für den Fall, dass wir weniger als 55 Anteile vergeben können, braucht’s natürlich eine Perspektive. Wobei Tassilo und ich uns schon sehr darauf ausrichten, dass es klappt. Für den Fall der Fälle haben wir eine Variante „Plan B“ gerechnet finanziell, bei dem wir lohntechnisch bei 1.000€ Netto pro Monat „bleiben“, den Puffer reduzieren und ein paar Extras streichen würden. Bei 43 Anteilen würden wir dann bei einem Durchschnittsbeitrag von 150€ je Anteil und Monat landen.
Es gab auch den Vorschlag, kleinere Anteile anzubieten, die eher den Gemüsebedarf decken zum Direktverzehr, ohne Einkoch-Mengen, da diese vielleicht attraktiver sind um kurzfristig noch mehr MitgärtnerInnen zu finden. Oder auch Familien-Anteile, die nicht linear pro Erwachsenem die Menge bzw. den Beitrag erhöhen. Diese Ideen stehen mal im Raum und brauchen noch gemeinsames Verdauuen. Hat jemand Vorschläge dazu?
- Wie finanzieren wir die Investitionen?
Diese Kosten sollten separat vom laufenden Budget finanziert werden. Tassilo und ich plädieren nach wie vor für FREIWILLIGE Einlagen und Direktkredite aus dem Mitgliederkreis sowie aus dem erweiterten Umfeld. Ein solidarisches Modell wie bei der Bieterrunde also. Für die beiden angepeilten Gewächshäuser haben wir ein Angebot. Sie kosten zusammen ca. 10.000€ und sollten Mitte April gekauft werden. Das ist dort also der erste Meilenstein. Eine Übersicht über die Investitionsplanung findet Ihr hier ebenfalls im Anhang.
Gibt’s noch andere Ideen dazu? Wer kann sich denn vorstellen, eine Einlage oder ein Direktdarlehen zu geben? Oder wer kennt jemanden, der sein Geld sinnvoll anlegen bzw. parken will?
- Wie genau läuft das mit dem Mitgärtnern?
Ja, Mitgärtnern ist möglich und gern gesehen! Das sagen wir Menschen bei Vorträgen und Hofführungen. Dabei finden Tassilo und ich, sollte das Mitgärtnern FREIWILLIG sein! Aber hier gibt es ein Spannungsfeld zwischen dem, wieviel Ihr Mitgärtnern könnt und wollt und dem, wie die Arbeiten und Arbeitsspitzen in der Gärtnerei gewuppt werden können. Durch Mechanisierung versuchen Tassilo und ich, vieles zu rationalisieren und z.B. bei den Karotten nicht in die Beikraut-Problematik vom letzten Jahr zu kommen. Doch für die Arbeitsspitzen beim Mulchen, Pflanzen, Packen und Ernten sind viele helfende Hände nach wie vor eigentlich notwendig. Ist es also wirklich freiwillig, wenn Tassilo und ich dann Hilfe BRAUCHEN und dazu vermehrt aufrufen wie letztes Jahr? Da haben wir auch noch keine eindeutige Antwort drauf.
Einen Vorschlag, der sich aus den Gesprächen der letzten Monate entwickelt hat und den einige Solawis praktizieren, könnte man als „freiwillige Selbstverpflichtung“ bezeichnen:
- Im Sinne einer Bieterrunde sagt jede/r verbindlich, aber freiwillig eine selbst gewählte Anzahl Stunden Mithilfe zu – zwischen Null und X.
- Um parallel die Planbarkeit und den Überblick zu verbessern, werden diese Stunden nicht ins Blaue hinein zugesagt, sondern können direkt auf bereits festgelegte Aktions-Tage angewendet werden. Siehe dazu den Aktions-Kalender im Anhang. Immer Mittwochs könnten vormittags und nachmittags je zwei MitgärtnerInnen ernten und packen. Samstags können dann 4h-Aktionen mit ca. 8 MitgärtnerInnen stattfinden. Das sind mögliche Szenarien. Wochentage, Tageszeiten und Länge der Aktionen können wir variieren!
- Die Synthese aus der freiwilligen Selbstverpflichtung und den im Voraus geplanten Aktionstagen ergibt einen theoretischen „Durchschnittsbeitrag“ von 16 h je Anteil in der Saison, das sind 4 halbe Tage zwischen April und Oktober. (880h geteilt durch 55 Anteile).
- Eure Mithilfe-Gebote sind dann das, mit dem wir rechnen können. Darüber hinaus würden Tassilo und ich dann nur noch zu Aktionen EINLADEN, und NICHT AUFFORDERN.
Wenn wir bei der Bieterrunde am 30. März diesen Kalender nach Möglichkeit füllen, sind wir aus meiner Sicht einen Riesenschritt weiter. Ob der Bedarf an Mithilfe dann gedeckt wird, kann ich nicht sicher sagen. Aber ich gehe sehr davon aus, dass es nicht mehr so „brennen“ wird wie letztes Jahr.
Dem Wetter ist unser Kalender ziemlich egal. Das heißt, dass im blödsten Fall bei einem Aktionstag viele Leute da sind, wir aber z.B. nicht mulchen können. Dann gibt es aber in unserer wunderbaren Gärtnerei immer was sinnvolles zu tun, das dann Tassilo und mich dennoch entlastet, weil wir es dann beim nächsten günstigen Wetter schon erledigt haben. Außerdem kommt Kontinuität rein, wodurch sich z.B. die Pflege weniger „aufstaut“.
Habt Ihr Ideen, Meinungen, Wünsche dazu?
Welchen Stellenwert und welche Rahmenbedingungen Mitarbeit in unserer Solawi hat, ist eine Grundsatzentscheidung (und per Satzung jetzt Sache der Mitgliederversammlung :-)). Wenn wir uns für ein Modell mit viel Mitarbeit entscheiden, kann das langfristig sogar Kosten sparen. Wenn die Mitarbeit auf Dauer eine eher geringe Rolle spielt, werden wir in den nächsten Jahren weitere bezahlte Arbeitskraft brauchen.
MitgärtnerInnen gewinnen, Hofführungen, Bieterrunde
Auf jeden Fall ist am 30. März unsere Bieterrunde und es wäre toll, wenn wir noch möglichst viele Anteile vorher vergeben! Lasst uns gemeinsam Werbung dafür machen!
Am 23. und 30. März ist jeweils um 11 Uhr nochmal Hofführung am Lenzwald!
Herzliche Grüße,
Euer Gabriel
Anhänge:
MitgärtnerInnen Aktions Kalender 2019
Entwurf Leitbild Solawi Lenzwald 2019